Ein letztes Mal die Tür aufschließen und den Schlüssel auf die Kommode werfen. Ein letztes Mal über den lauten Kühlschrank aufregen. Und darüber, dass die Tür falschrum aufgeht. Ein letztes Mal am Tisch sitzen und durchs Fenster auf die Balkone vom Nachbarhaus starren. Als ich hier eingezogen bin, war ich neidisch auf diese riesigen Balkone. In meinen Jahren hier war nie jemand draußen, weil kein einziger Sonnenstrahl die Balkone erreicht. Ein letztes Mal durchs dreckige Küchenfenster schauen. In 3 1/2 Jahren habe ich die Fenster genau einmal geputzt. Hausfrau werde ich dann vielleicht im nächsten Leben. Ein letztes Mal an meinem Küchentisch arbeiten. Ein letztes Mal auf dem Herd kochen. Wieder Schupfnudeln, wie am ersten Tag hier.
Ein letztes Mal den Kabelsalat im Flur belächeln. Ein letztes Mal die Abstellkammer öffnen. Ein letztes Mal die hässliche Kommode austauschen wollen, die ich damals falsch zusammengebaut habe. Ein letztes Mal nicht in die Spiegel schauen, die über der Kommode hängen. Noch nie waren Spiegel unnötiger gewesen. Ein letztes Mal jemandem sagen, dass man das Licht in meinem Bad außen anschalten muss. Oder, wie der ausgefallene Wasserhahn funktioniert. Ein letztes Mal die Klopapierhalterung von der Wand abreißen. Vorzugsweise beim Vortrinken und unter Alkoholeinfluss. Ein letztes Mal das Chaos in meinem Badschrank betrachten. Ein letztes Mal meine rote Klobrille hassen. Als ich einzogen bin, habe ich mir geschworen die sofort auszuwechseln. Ist nie passiert. Ein letztes Mal an dem viel zu heißen Wasser in der Dusche verbrennen.
Ein letztes Mal den schwarzen Ledersessel hassen, der eh immer nur Kleiderablage war. Ein letztes Mal den Kamin als unnötig befinden, den ich genau einmal angemacht hatte. Als meine Heizung nicht ging. Ein letztes Mal auf dem Uraltfernseher Shopping Queen schauen. Er war immer ein treuer Begleiter. Ein letztes Mal die Vorhänge nicht richtig zu bekommen. Ein letztes Mal bei den Nachbarn in die Wohnungen schauen. Ein letztes Mal die anfahrende Bahn hören. Ein letztes Mal zum Kiosk nebenan gehen. Im Schlafanzug. Ein letztes Mal die Fußgänger von meiner Fensterfront beobachten. Ein letztes Mal den Stern anschalten. Ein letztes Mal im besten Bett der Welt schlafen. Ein letztes Mal das Chaos im Regal verfluchen. Ein letztes Mal meine Kleiderstange umsortieren. Ein letztes Mal über das WLAN aufregen. Ein letztes Mal im Abstellraum nach Mördern suchen.
Ein letztes Mal ins Bad gehen. Ein letztes Mal die Küche betreten. Ein letztes Mal durch den Flur hetzen. Ein letztes Mal im Schlafzimmer stehen. Aus dem Fenster schauen. Abschied nehmen.
Ein letztes Mal den Schlüssel ins Schloss stecken. Ein letztes Mal die Tür hinter mir schließen. Für immer. Und gehen.
Mach et jot.
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