„Maaaaamaaaaaa, mein Handy wurde geklaut!!1!!11“ schluchze ich ins Telefon meiner besten Freundin, die auf meinem Boden sitzt und seelenruhig die Ausbeute aus meinem Gefrierschrank isst. Es ist Rosenmontag in Köln, irgendwann nach 21h. Ich sitze in meinem Kostüm auf meinem Bett, in Jacke und Schuhen. Unter minimalem Alkoholeinfluss – ich sag ja: Köln, Rosenmontag – erkläre ich meiner Mutter die Sachlage. Okay, eigentlich gibt es keine bzw. ich erinnere mich nicht mehr so richtig daran. Jedenfalls sind die Fakten: Handy geklaut, Jana am Boden zerstört. Meine Mutter bemitleidet mich die angebrachten fünf Minuten und meint dann zu mir „Jetzt beruhige dich mal, immerhin ist dir nichts passiert…und es ist nur ein Handy.“ „Aber mein Handy ist mein Lebeeeeen!“ dramatisiere ich noch einmal zusätzlich, bis mir selbst mit geschätzten 56,753 Promille klar wird, dass das schon ein wenig lächerlich klingt.
Lächerlich, aber irgendwie auch wahr. Gerade als Blogger ist man umso mehr auf sein Handy angewiesen: Emails, Terminplaner, Instagram, Snapchat und und und. Ich erinnere mich auch nicht mehr so richtig, aber ich glaube das was mich an diesem Montagabend am meisten getroffen hat war, dass ich jetzt erst mal keinen Zugriff mehr auf mein Instagram habe. Gut, da bin ich auch nach meinem Hack ein gebranntes Kind, aber trotzdem…irgendwie lächerlich. Und meine Bilder. Meine Bilder sind schon seit Jahren das wichtigste auf meinem Handy. Aber gut, dass sich in meiner iCloud mehr als 70% der Bilder befinden. Dass ich seit 43 Wochen die Information, mal wieder ein Backup zu machen ignorierte, muss ich hier jetzt nicht erwähnen. Das sind nur unnötige Tränen, die schnell in Selbsthass umschlagen könnten.
Zurück zum Montag: Nachdem meine Freundin die wohl schlimmsten Stunden meines bisherigen 23-jährigen Daseins live miterleben musste, ließ sie mich alleine. Die Nacht war mehr als schlaflos und da ich weder einen digitalen Wecker noch eine Uhr in greifbarer Nähe hatte, wusste ich nie wie viel Uhr es war. Lediglich an der Helligkeit draußen konnte ich wie ein Steinzeitmensch feststellen, dass wir wohl irgendwas zwischen 7:12h und 13h hatten. Aufstehen! Schade, doch kein Traum gewesen, denn mein Ladekabel schaut genau so traurig aus wie ich, seinen Freund über Nacht nicht bei sich gehabt zu haben. Und ohne WhatsApp, Instagram und Snapchat, was bleibt da übrig? Richtig, Facebook. Erst mal jedem eine Nachricht über den Messenger schicken. Ich vermisse die iPhone Emojis jetzt schon.
Mein erster Tag ohne Handy gestaltete sich wie erwartet: Langweilig. Wie oft hätte ich gerne sinnlos durch Instagram gescrollt, unnötige Snaps hochgeladen und bei WhatsApp Profilbilder gestalkt. Aber es geht mir gut. Ich bekomme fast stündlich Mitleidsbekundungen auf Facebook, die sich anhören, als wäre mein Haustier gestorben. Gegen Nachmittag muss ich das Haus verlassen. Kurzer Check in meine Tasche: Schlüssel, Geldbeutel, kein Handy – alles da. Ab in die Bahn. Zwei Stationen können sich unfassbar lange anfühlen, wenn man keine Musik aus den Kopfhörern dröhnen hört, sondern live dabei ist, wie Manni und Karl sich über den jeileeeeen Karnevalszoch auslassen. Please come back to me, Baby.
Abends muss ich noch zwei, drei Erledigungen machen, für die ich mir die Wege aufschreiben muss. Ja richtig – schreiben, das mit Stift und Papier. Früher einfach ein Screenshot der DB-App, heute aufschreiben: „Mit der 3 bis zum Hans-Böckler-Platz, 5 Minuten bis Venloer Str. XY laufen“, ab in die Jackentasche mit dir, du Spickzettel. Gleiches Spiel natürlich auch für den Weg zurück. Und am besten noch aufschreiben, wann die Bahnen kommen. Wenige Stunden später bin ich wieder in meinem Bett. Ohne Handy, aber ist okay. Also Film schauen und sich auch mal wirklich darauf konzentrieren. Nicht noch fünfzehn Apps öffnen und den Film als Hintergrundkulisse durchlaufen lassen.
Tag 2 startet schon viel besser. Meine innere Uhr weckt mich um 9h und lässt direkt mein Gewissen zu mir sprechen: Hausaaaarbeit. Nachdem ich sowieso nichts habe um mich abzulenken, setze ich mich für zwei Stunden an die Hausarbeit. Danach ab zu Vodafone. Ein sehr netter Mitarbeiter und geglückte Bestechungsversuche meinerseits später, bekomme ich mein neues Handy also Freitag. Nur noch zwei Tage auf das Handy warten – juhu. Was sind schon zwei lächerliche Tage? Wie in einem Drogenrausch bestehend aus purem Glücksgefühl und Handyentzug schlendere ich zu H&M und denke mir: Das feiern wir jetzt! Ich kaufe mir zwei unnötige Dinge und bekomme die Frage der Fragen gestellt: „Sammelst du Punkte?“. Anstatt in Tränen auszubrechen, wie zwei Tage zuvor, sage ich völlig lässig: Ja, aber habe kein Handy. Und es tut nicht weh.
Natürlich tut es nicht weh, denn es ist nur ein Handy. Auch wenn es mein Leben ist. Der letzte Tag fühlt sich an wie ein Kinderspiel, ich weiß schon gar nicht mehr wie man Smartphone schreibt. Musik beim Sport? Brauche ich nicht. Instagram checken? Überlebt man auch mal vier Tage ohne. Keine Notiz-App? Wozu gibt es Stifte?! Diese vier Tage ohne Handy waren wirklich mal ein Erlebnis. Auch wenn ich das niemals freiwillig gemacht hätte (oder nochmal machen würde, bleiben wir ehrlich), war es doch weit weniger schlimm als befürchtet. Man gewöhnt sich schnell um und es beruhigt mich doch sehr, dass es auch ohne geht. Dass wir doch nicht so abhängig sind und trotzdem noch durchs Leben kommen, ohne pausenlos aufs Smartphone zu starren. Aber: Ohne Handy an einer Bahnstation zu stehen, die noch 7 Minuten Wartezeit anzeigt, sind trotzdem die 7 längsten Minuten deines Lebens.
Vivien says
YES! Direkt geteilt, my Love. Musste sehr schmunzeln an vielerlei Stelle, voll gut geschrieben – hab den Anfang direkt mal Ben vorgelesen 😀
View CommentLeni says
musste ein paar mal grinsen und hab bei jedem Satz deine Stimme im Ohr gehabt 😉 Aber du hast es überlebt und zukünftig nicht mehr betrunken mit irgendwelchen Typen schnacken, während deine Tasche offen ist und du abgelenkt bist ♥
View Commentmaedchenhaft says
Hahaha, ja hallelujaaaaa…passiert nicht mehr! <3
View CommentFeli says
Toller Post, Jana 🙂 mir würde es genauso gehen, haha 🙂
View CommentLiebe Grüße, Feli von http://www.felinipralini.de
Stephi says
Sehr schön geschrieben – da leide ich direkt ein wenig mit dir! Ist dein handy vielleicht wieder aufgetaucht? Vor allem mit einem iPhone kann ein Dieb in den meisten Fällen dank Sperre und co wenig anfangen. Oder hast du es mal probiert zu orten?
Ich glaube wenn mein Handy weg wäre, wäre es aufgrund des Inhalts gar nicht mal das Drama – online kann man sich schließlich überall wieder anmelden. Ich würde mich mehr ärgern, dass mein 1000€ Gerät weg wäre. Was für mich als Studentin knapp zwei Monatsgehälter sind und ich nicht mal eben so aus dem Ärmel schütteln kann bzw. möchte.
Ich bin mir sicher, das nächste mal passt du umso besser auf oder nimmst es erst gar nicht mit
Liebe Grüße
View CommentStephi // http://stephisstories.de
maedchenhaft says
Hey 🙂 Ja eben, mit einem iPhone kann man heutzutage wenig anfangen…Der hat das dann direkt ausgemacht, nachdem wir ein Paar Mal versucht haben anzurufen…dumm gelaufen und dann kann man leider auch nicht mehr orten. Aber ich habs als verloren gemeldet – mehr kann ich nicht machen…Zum gluck war Vodafone super freundlich und im November hätte es eh ein neues gegeben!
View CommentAnne says
Hehe, willkommen zurück in der Realität. 😉
Stephis Frage würde mich auch interessieren, hast du es mal mit dem Orten versucht?
Der Akku meines iPhones 6 hat – ein Schelm, wer da Böses denkt – relativ zeitgleich mit der Markteinführung vom iPhone 7 angefangen, herumzuspinnen. Eben sind’s noch 98% – zwei Fotos – whuuusch, runter auf 74%. Und unter 70% reicht irgendein harmloses App-Öffnen, damit das ganze Ding sich einfach komplett abschaltet. Gnarf.
Da ich keine Lust habe, Geld für einen Akkutausch zu investieren (das sind so dämliche Ausgaben, von denen man am Ende nichts “Neues” hat), habe ich mich damit halt arrangiert. Unterwegs (ebenfalls durch Köln 😀 ) bleibt das Handy jetzt meistens einfach in der Tasche. Zu Hause hängt es meist an irgendeinem Ladekabel, und weil ich zu faul bin, da jedesmal vorbeizulaufen, ignoriere ich es da auch stundenlang. Nur wenn ich unterwegs bin und es _wirklich brauchen könnte (sowas wie mehrstündige Wanderungen, wo ich mich lieber auf die aktuelle Streckenführung aus der Karten-App verlasse als auf eine Papierkarte aus den 80ern), schleppe ich halt noch so eine Powerbank mit.
Und joa… man gewöhnt sich dran. 😉
Liebe Grüße
View CommentAnne
maedchenhaft says
Ja orten geht leider nicht mehr, da es direkt ausgeschaltet wurde.Das mit dem Akku kenne ich zu gut…die halten ja wirklich überhaupt nicht lange – deshalb bin ich auch ein bisschen froh wieder ein neues zu haben haha 😀
View CommentDas ist eine gute Einstellung! Ich brauche als Blogger das Handy halt leider umso mehr und da bleibt mir nichts anderes übrig als eine Powerbank in der Tasche zu haben…super nervig aber was will man machen!
Anne says
Schade, dass es sich nicht orten lässt… wäre wohl zu einfach gewesen. :/
Naja – ich bin ebenfalls Blogger und überlebe trotzdem unterwegs ohne Handy. 😉
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